Hallo Leute,
ich berichte nachfolgend über den Eigenbau eines 2-Gang-Schaltgetriebes, welches in einem Claas Xerion im Maßstab 1:14 zum Einsatz kommen soll. Ich konnte hier im Forum bisher keinen kompakten Baubericht eigens für ein solches Getriebe finden, daher stelle ich hier nun etwas ein. Vielleicht dient es dem einen oder anderen als Anregung für vergleichbare Projekte.
Vorgeschichte
Als ich mit den Planungen für den Claas im Februar 2021 begonnen habe, konnte ich noch nicht ahnen, dass sich das zu so einem Langzeitprojekt entwickelt. Ist aber auch kein Wunder, hatte ich doch den Anspruch, möglichst viele der mechanischen Teile selbst anzufertigen. Ich habe so zunächst mit der Konstruktion und Fertigung der beiden Lenkachsen begonnen, über die ich hier im Forum bereits berichtet habe.
Nachdem dann auch der Rahmen mit Lenkmechanik weitgehend fertiggestellt war, wurde es Zeit, mir Gedanken über den Antrieb zu machen. Ich hatte ursprünglich vorgesehen, eine Brushless-Kombo („XERON AXE“) mit 2100 KV-Motor aus der Crawler-Szene zu verwenden. Ist teuer, soll aber wohl gut sein. Als Akku plane ich Platzgründen einen 2S-Shorty, also 7,4 V bzw. 7,6 V (in der HV-Variante). Davon ausgehend habe ich dann geschaut, welche Schaltgetriebe auf dem Markt verfügbar sind und ob die hinsichtlich der Übersetzung und Bauform für meine Zwecke passend sind. Im Ergebnis erschienen mir die verfügbaren Getriebe entweder
- nicht belastbar genug (weil Kunststoff-Zahnräder),
- hinsichtlich der Bauform nicht passend (meist zu hoch gebaut),
- hinsichtlich der Übersetzung ungeeignet oder
- schlicht zu teuer.
Da meist mehrere der vorgenannten Nachteile bei jeweils einem der Kauf-Getriebe gegeben waren und das für mich zu viele Kompromisse bedeutet hätte, habe ich mich letztendlich für den Selbstbau entschieden.
Auslegung und Konstruktion
Da die o. g. XERUN-Komponenten recht teuer sind und ich noch nicht sicher war, ob ich mein Vorhaben wirklich umsetzten kann (und auch die notwendige Ausdauer habe), bin ich hinsichtlich des Motors nochmal umgeschwenkt und habe das Getriebe nun zunächst auf einen relativ günstigen Servonaut-Motor TM 72 mit ca. 5.000 1/min ausgelegt. Mit den Untersetzungsdaten meiner Achsen durch Differential und Planetengetriebe erfolgte meine Auslegung wie folgt:
Das Schaltgetriebe wird als klassisches Klauenschaltgetriebe ausgeführt. Die von mir verwendeten Zahnräder weisen Modul 0,7 auf, stammen aus dem Hause Mädler und sind aus Automatenstahl. Um möglichst kompakt und flach zu bauen, habe ich das Verteilergetriebe direkt in meine Konstruktion integriert. Mit den aus der Auslegung stammenden Daten habe ich nun immer wieder die Zahnradpaarungen rechnerisch kombiniert, bis ich sowohl von den benötigten Übersetzungsverhältnissen als auch von den geometrischen Abmessungen eine passende Konfiguration gefunden hatte:
Fertigung
Nach Beschaffung aller Zahnräder habe ich zunächst mittels einer einfachen Vorrichtung mit Messungen überprüft, ob die von Mädler genannten Teilkreisdurchmesser auch zur Festlegung der Achsabstände genutzt werden konnten oder ob ich hier geringfüge Zugaben im Zehntel-Bereich berücksichtigen musste.
Danach folgten die ersten maschinellen Bearbeitungen an den Zahnrädern, z. B. das Herunterdrehen der Flansche – wo nötig, das Bohren und Reiben auf die passenden Wellendurchmesser, das Herstellen von Kombizahnrädern usw.
Dann folgte die Herstellung des Herzstücks des Getriebes: der der auf der Welle drehfeste aber verschiebbare Klauenring und die entsprechend ausgeführten Mitnehmer bei den Schaltzahnrädern. Als Material kommt Automatenstahl und für die Buchsen Rotguss zum Einsatz.
Die Mitnehmer-Technik sieht zwar etwas grobschlächtig aus, funktioniert aber sehr zuverlässig.
Nachfolgend wurden alle sonst noch benötigten Wellen hergestellt und mit Abflachungen versehen, so dass die Zahnräder hierauf später geklemmt werden können.
Dann ging es an die Fertigung der drei Getriebeplatten. Um darin die Lagersitze herzustellen, wurden die jeweils an einer Achslagerung beteiligten zwei Getriebeplatten immer paarweise gebohrt und gerieben. Ich habe Flanschlager verbaut und habe deswegen jede Bohrung mit viel Aufwand nochmal abgestuft (rückblickend hätte das nicht unbedingt sein müssen).
Es erfolgte nun der provisorische Zusammenbau und Test, ob alle Zahnräder gut laufen.
Dann habe ich die Schaltgabel hergestellt, und zwar zunächst in dieser Variante:
Damit passierte nun Folgendes: wenn die Schaltklauen mit den Mitnehmern in den Schaltzahnräder mal nicht direkt zum Eingriff gelangen, so soll die Schaltgabel unter Federlast solange warten, bis sich die nächste Möglichkeit zum Eingriff ergibt. Das setzt aber voraus, dass die Schaltgabel auf der Schaltstange relativ leicht gleiten kann. Genau das funktionierte aber nicht, weil durch den relativ langen Abstand zwischen Angriffspunkt der Schaltgabel im Klauenring und der Gleithülse die ganze Schaltgabe verkantete. Man hätte die Gleithülse deutlich länger ausführen müssen, aber dazu war kein Platz vorhaben. Daher habe ich die Schaltgabel nochmal umgebaut – und damit funktionierte es dann zufriedenstellend:
Nachdem also auch dieses Problem gelöst war, musste eine Möglichkeit her, die Schaltstange durch einen Servo zu betätigen. Wie oben erwähnt, wollte ich sehr kompakt bauen. Daher sollte der Servo mit dem Getriebe eine Einheit bilden. Meine Lösung hierzu sieht dann so aus:
Das Servohorn habe ich später noch durch einen selbstgebauten Mitnehmerhebel aus POM ersetzt:
Durch die Bauweise mit den Getriebeplatten war es erforderlich, eine entsprechende Verkleidung zu bauen. Hierzu habe ich auf Alu-Winkelmaterial mit 2 mm Stärke zurückgegriffen, so konnte ich auch gut eine Befestigungsmöglichkeit des Getriebes am Chassis herstellen. Die Bodenplatte ist mit den Seitenteilen mit Uhu-Endfest verklebt.
Funktion
Ich habe mal ein Video von der Schaltfunktion auf YT hochgeladen:
Ich bin mit dem Ergebnis eigentlich ganz zufrieden. So habe ich das Getriebe auch schon mal provisorisch an mein Chassis verbaut. Im ersten Gang hat er gut Kraft und vor allen Dingen hat sich meine Auslegungsrechnerei hinsichtlich der Geschwindigkeiten bestätigt. Für das Auslegen, Konstruieren und Fertigen ist allerdings wieder viel Zeit draufgegangen. Wenn das so weiter geht, brauche ich bis zum fertigen Claas noch JahreJ
Grüße
Dirk