MAN F90 35-332 8x4 Hinterkipper in 1:12

  • Hallo zusammen,

    ich habe mich entschieden, auch mal was Eigenes im Forum beizutragen. Ich baue schon seit Längerem an einem MAN F90 Vierachser. Ich werde einzelne Schritte vom Anfang auch noch zeigen, bin tatsächlich schon etwas weiter. Angefangen hat es mit dem Aufgreifen von uralten Gedanken zum Bau eigener Antriebsachsen. Mit dem viel zu frühen Tod von unserem "Maßstabsvater" Jörg Bönning wurde es nach und nach schwieriger, an Komponenten zu kommen. In 1:12 waren wir ja ohnehin nicht gerade verwöhnt. Dabei wollte ich mich möglichst nahe am Original halten, also mit Außenplaneten, damit die Achsbrücke nicht zu fett wird.

    Ich habe viel am CAD geplant, Modelle erstellt und dann erste Teile mit einem FDM-Drucker von einem Modellbaufreund erstellen lassen. Die Qualität der Oberfläche fand ich dann doch nicht so überzeugend, ich wollte möglichst nicht spachteln, fillern und schleifen. Es folgte ein langer und steiniger Umweg mit eigenen SLA-3D-Drucker. Teile drucken, Achse bauen und los geht es, so die Theorie. Leider hielt der Drucker aus der Kiste nicht das, was ich mir versprochen habe. Er musste in vielen Belangen umgebaut und verbessert werden. Es dauerte sehr lange, lief aber dann perfekt mit sehr guten Resultaten. Alle Achsteile wurden nach und nach selbst gedruckt. Leider entwickelte ich nach und nach eine Allergie gegen das Harz oder den Alkohol fürs Waschen der Teile, so dass ich das besser sein ließ.

    Die Teile wurden 2% größer ausgedruckt, ich wollte die Teile dann in Messing gießen lassen. Es war mein Wunsch, die Achsen in Metallausführung zu bauen. Dazu brauchte ich dann Wachslinge, welche dann als Feingussteile im Wachsausschmelzverfahren gegossen wurden. Nach einigen Wochen des Wartens kam dann endlich das ersehnte Päckchen von der Gießerei.

    Auf den Teilen war dann noch etwas Materialzugabe, damit man sie noch durch Drehen und Fräsen bearbeiten konnte: Planflächen fräsen, Lagersitze ausspindeln, Bohrungen und Gewinde schneiden, einiges an Arbeit.

    So entstanden dann die Achsbrücken und die vier verschiedenen Achsdeckel für die Achse mit und ohne Durchtrieb.

    VG Bernd

    Einmal editiert, zuletzt von BerndW (27. Dezember 2022 um 20:10)

  • Viel Arbeit, und dann ein gutes Resultat :res:res:res

    Gereon

    Ein Modell ist keine Sitzgelegenheit

    Schlüter Super 2000TV-LS Prototyp Schlüter 1350 Compakt TV6 Schlüter Super 1250 VL Special
    Deutz Intrac 6.60 Deutz 13006 Deutz-Fahr Agroprima 4.56 Deutz-Fahr 6.50

  • Hallo zusammen,

    danke Euch für die Blumen :)

    Neben dem Gehäuse habe ich mir auch Gedanken zum Innenleben gemacht. Neben Metallzahnrädern haben mich schon immer Selbstsperrdifferentiale interessiert. In einer größeren Bauform haben wir solche schon mit einem Modellbaukollegen selbst hergestellt, war aber sehr viel Aufwand, bis alles richtig lief. Daher habe ich mich fürs Innenleben der Veroma/Carson-Achsen entschieden: Differential, Kegel-Tellerrad sowie die Durchtriebsräder.

    Über zwei Lagerschilde mit Kugellager ist das Differential gelagert und in den vorderen und hinteren Achsdeckel über Stifte gehalten und zentriert.

    Für die Außenplaneten habe ich mir einstufige Planetensätze mit i=3,14 herstellen lassen. Die Planetengetriebe sind in aufsteckbaren Achsgehäusen links und rechts untergebracht, je ein Dünnringlager lagert die Radnabe. Mit den Veroma-Zahnrädern komme ich so auf eine Gesamt-Achsübersetzung von 8,38. Dies kommt einer Original-Achse schon recht nahe. Das Durchtriebsgehäuse habe ich auch gerne von Veroma übernommen. Alle Wellen laufen in Kugellagern.

    So in etwa war die Geschichte meiner Antriebsachsen, welche ich immer mal herstellen wollte. Ich hatte so nun 2 Prototyp-Achsen, welche ich dann auch irgendwann in den Testeinsatz bringen wollte.

    VG Bernd

  • Hallo zusammen,

    freue mich, wenn es Euch gefällt.

    Mit 2 herumliegenden Achsen stellte sich dann schon mal die Frage, wo ich sie einbauen und testen möchte. Zuerst war die Überlegung, sie in ein existentes Fahrzeug einzubauen. Andererseits hat mit schon immer die eckige Meiller-Hinterkippmulde gefallen. Das auf einem 4-Achser, wäre schon was.

    Wichtig war mir, dass das Fahrzeug trotzdem ausreichend wendig ist, also mit kurzem Radstand wie bei einem 8x4.

    Durch Zufall kam ich in Youtube auf alte Video-Aufnahmen von B. Beytekin, welche er in Stuttgart auf zahlreichen Baustellen gefilmt hat. Ganz genial sind die Aufnahmen mit der ehemaligen Baufirma Albert Schmid aus Stuttgart-Weilimdorf. Die hatte im Großraum S riesige Baustellen, teilweise mega Baugruben mit einer Einfahrt und Ausfahrt auf der anderen Seite. Mit 2 firmeneigenen Liebherr R962 oder Cat-Laderaupen wurde dort so ziemlich alles beladen, was mindestens 3 Achsen hatte. Kann ich Euch für einen Regenwetter-Tag sehr empfehlen ;)

    Auf einer der Filmaufnahmen sah ich dann einen MAN F90 8x4 Hinterkipper mit der besagten Mulde. Ich war begeistert und angetan von der Idee, dieses Fahrzeug zu bauen. Durch Zufall bekam ich von einem Modellbaukollegen eine Fahrgestellzeichnung von einem F2000 8x4, eine Kopie von einer Hinterkipperzeichnung fand sich auch noch im eigenen Archiv. Also konnte es losgehen. Auf einer kleinen Kantbank habe ich mir die Rahmenprofile aus 1,0 mm Messing gebogen. Dies ging in kleinen Schritten sequenziell hin und her, da der Rahmen länger als die 320 mm der Kantbank ist.

    Die Rahmenprofile wurden noch tailliert und im vorderen Bereich verjüngt, innen mit 0,5 mm Blech aufgedoppelt. Quertraversen wurden nach und nach ebenfalls aus Messing gekantet und verlötet.

    VG Bernd

  • Hallo zusammen,

    weiter ging es dann mit den Achsaufhängungen: Jede der beiden Achsen wollten geführt werden :)

    In gewohnter Weise wurden wieder aus CAD-Modellen Kunststoffteile hergestellt, Formen aus Silikon gebaut, Wachslinge gespritzt und als Feingußteile abgegossen.

    Gebaut wurde eine I-förmige Quertraverse, welche dann in die Rahmenprofile eingeschraubt sämtliche Kräfte aus dem Hinterachs-Pendelaggregat aufnehmen muss.

    Die Längsführung der beiden Achsen übernehmen je 3 Lenker, die Querführung erfolgt dann über die beiden Blattfederpakete. Die beiden Lagerschilde zur Aufnahme der Lenker und der Blattfedern haben 3 Bohrungen, welche 3 unterschiedlich hohe Positionen der Blattfedern ermöglichen. Damit lassen sich mit denselben Teilen unterschiedliche Fahrgestellhöhen realisieren (Allrad hoch, die 8x4 oder 6x4 Fahrgestelle dann entsprechend niedriger).

    Die Achsrohre bekamen entsprechende Anlenkstellen für die Blattfedern und die Längslenker.

    VG Bernd

  • Durch Zufall kam ich in Youtube auf alte Video-Aufnahmen von B. Beytekin, welche er in Stuttgart auf zahlreichen Baustellen gefilmt hat. Ganz genial sind die Aufnahmen mit der ehemaligen Baufirma Albert Schmid aus Stuttgart-Weilimdorf. Die hatte im Großraum S riesige Baustellen, teilweise mega Baugruben mit einer Einfahrt und Ausfahrt auf der anderen Seite. Mit 2 firmeneigenen Liebherr R962 oder Cat-Laderaupen wurde dort so ziemlich alles beladen, was mehr als 3 Achsen hatte. Kann ich Euch für einen Regenwetter-Tag sehr empfehlen ;)

    Hallo Bernd,

    Erstmal Respekt und Wahnsinn was du hier zeigst :top

    Ich habe mal bei Youtube nach besagten Videos gesucht, wurde aber leider nicht fündig. Kannst du mal einen Link o. ä. nennen?

    Wäre echt nett, ich liebe Baustellen-Filme von früher

  • Hallo Bernd,

    Erstmal Respekt und Wahnsinn was du hier zeigst :top

    Ich habe mal bei Youtube nach besagten Videos gesucht, wurde aber leider nicht fündig. Kannst du mal einen Link o. ä. nennen?

    Wäre echt nett, ich liebe Baustellen-Filme von früher

    Hi Marco,

    Du kannst als Suchbegriffe "Albert Schmid Stuttgart" eingeben bzw. nach den Beiträgen von "Benjamin Beytekin" suchen, da findest Du eine ganze Reihe an sehr netten Filmchen.

    Mir gefällt diese alte Aufnahme ganz gut:

    (724) Mercedes & MAN Oldtimer Kipper Parade & Liebherr R962, Cat 963, DEKRA, Stuttgart, 22.03.1990. - YouTube

    Viel Spaß beim Gucken ;)

    VG Bernd

  • Hallo Bernd,

    Vielen Dank für die Infos, habe vorher nach "Albert Schmid Bauunternehmen" gesucht da kam nix

    Jetzt warte ich halt auf den nächsten Regentag... ;prost

  • Hallo Bernd.

    Meinen größten Respekt vor dem, was Du hier zeigst, das ist allerhöchstes Niveau. Ich bin richtig beeindruckt von den Teilen, die sehen aus wie die Originalen. Der irre Aufwand hat sich gelohnt!!!

    Viele Grüße

    David

  • Hallo zusammen,

    danke Männer, jetzt aber mal nicht übertreiben ;)

    Mich interessieren die verschiedenen Fertigungsmöglichkeiten, welche sich rund um den Modellbau einsetzten lassen. Dabei habe ich immer wieder viel von Modellbaukollegen abgeschaut oder gezeigt bekommen. Speziell das Herstellen von Wachsmodellen fürs Feingießen wäre ohne Udo und Nils für mich ein blinder Fleck geblieben, zuvor hatte ich keine Ahnung davon. Danke Euch Jungs :top

    Nachdem die Hinterachsen schon da lagen, brauchte ich noch 2 Lenkachsen, um den 8x4 zu vollenden. Auch hier in wurden in gewohnter Weise Gussteile aus Messing erstellt.

    Die Achsbrücke mit Auflagen für die Blattfedern, Befestigung mit Briden, Achsschenkel und Radnaben, je 2 Kugellager pro Seite für leichten Lauf.

    Die Achsschenkelbolzen sind um 5° schräg angeordnet, um einen negativen Radsturz beim Lenken zu haben.

    So, jetzt wünsche ich Euch einen sonnigen Tag.

    VG Bernd

  • Hallo zusammen,

    weiter ging es mit dem Antriebsstrang und dem Rahmen. Zu den Achsübersetzungen passte ganz hervorragend das 3-Gang-Schaltgetriebe von Veroma: 1. Gang zum Fahren in der Baustelle, 2. Gang zum Strecke fahren auf dem Parcours, 3. Gang dann flotte Schrittgeschwindigkeit, wenn man mal mit dem Modell etwas weiter fahren muss. Das Getriebe wurde über 4 Gummipuffer im Rahmen elastisch aufgehängt.

    Weiter mussten die beiden Vorderachsen noch geführt werden, die geschieht mit 8x1 Federstahl. Die Aufhängungen an den Rahmen wurden aus Messing aus dem Vollen gefräst. Auch die Hinterachsen mussten noch am Rahmen Ihren Platz finden: Wie für ein Baustellenfahrzeug üblich geschah das über ein Pendelachsaggregat. Die Teile dazu wurden aus Messing gegossen, die Federn auch hier mit 8x1 Federstahl, für Tests einlagig, später zweilagig.

    Nachdem alle Achsen und das Getriebe am richtigen Platz waren, konnten die Kardanwellen noch angefertigt und montiert werden: Die Gelenke sind Kreuzgelenke für 5 mm Wellen, die Messingrohre haben jeweils ein Schubstück mit 6x6 Messingvierkant.

    VG Bernd

  • Hallo zusammen,

    vielen Dank für Eure Kommentare und Reaktionen, freut mich wenn es gefällt :)

    Die beiden Vorderachsen hingen jetzt zwar am Rahmen, aber leider noch ungelenkt. Als Lenkservo sollte ein 20kg-Servo eingesetzt werden, die Position vorne links, wo auch beim Original das Lenkgetriebe sitzt. Über einen SLS-gedruckten Servohalter konnte ich passgenau das Servo am linken Rahmenvorderteil montieren, Löcher dazu habe ich auf der Fräse gesetzt. Damit außen ein ordentlicher Lenkhebel montiert werden konnte, habe ich bei einem Anbieter für Robotic-Teile eine Servowellen-Verlängerung mit dem richtigen Vielzahn gefunden. Im Halter ist dann noch ein Dünnringlager verbaut, der diese Verlängerung führt.

    Der Servohebel wurde dann aus Messing hergestellt, er kann auf der Oberseite am geschlitzten Teil geklemmt werden.

    Bei einem F2000 8x4 habe ich mir dann die ganzen Lenkgestänge im Original angeschaut und grob vermessen, damit ich nicht allzu viele Versuche machen musste. Er stand zu dem Zeitpunkt gerade auf der Grube, so konnte ich ganz bequem unter das Fahrzeug :top

    Umgesetzt dann im Modell mit einem Zwischenumlenkhebel und den Lenkstangen. Eventuell tausche ich die Kunststoffkugelköpfe noch durch etwas wertigere Teile aus. Weiter wurden noch Stabilisatoren und Stoßdämpferattrappen hergestellt und befestigt, ebenso auf der linken Seite der Lenkunterstützungszylinder (ohne Funktion, nur Optik).

    Viele Grüße, Bernd

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